Monika & Josef Hag: Auf der Suche nach dem Glück

Heuer wurden sie von der Niederösterreichischen Wirtshauskultur zu den ›Aufsteigern des Jahres‹ gekürt. Eine Auszeichnung, die man sich „wirklich nur erarbeiten kann“, sagt der Wirt. Seitdem kommen die Gäste von noch weiter her als früher und der Hype hält an. Wir von der Wald4tlerin wollten es genau wissen: Was ist das Erfolgsgeheimnis von Monika und Josef Hag?

Wer die Bücher von Paulo Coelho mag, kennt sie, die Geschichte des jungen Mannes, der auszog, das Geheimnis der Alchemie zu lüften, um festzustellen – der wirkliche Schatz, den ein Mensch in seinem Leben finden kann, liegt tief drinnen in der eigenen Seele. Wir sehen Parallelen dazu am Heimweg von Monika und Josef Hag.

Wirtshaus versus Gasthaus

Gmünd. Mehr Waldviertel geht nicht. Die Fahrt dauert auch für „Eingeborene“ wie unsere Redakteurin eine gute Stunde, führt durch endlose Wälder und Landschaften, nur manchmal durchbrochen von Dörfern und Marktflecken, die wie aus einer anderen Zeit erscheinen. Dann, endlich die Stadt. Das Ziel ist ›Das Hopferl – Stadtwirtshaus‹. Stichwort Wirtshaus. Kennen Sie den Unterschied zwischen einem Wirtshaus und einem Gasthaus? Man sagt, in einem Wirtshaus hat der Wirt das Sagen, in einem Gasthaus der Gast. Rasch wird einem hier klar – Klischees sind oft genug falsch. Denn das Sagen haben hier im ›Hopferl‹ eindeutig die Gäste, die Mitarbeiter und die Wirtsleut‘ gleichermaßen – jeder eben an seinem Platz!

Schon beim Eintreten bemerkt man – es ist irgendwie anders hier. Rechts eine ›Brasserie‹, gleich beim Hineingehen mehr Nachmittags-Kaffeehaus-Atmosphäre, weiter hinten links eine Vinothek. Zwischen einer kurzen Dienstbesprechung mit einer Mitarbeiterin und dem Kümmern um den kleinen Enkelsohn ›Mini-Mini‹ beginnen die beiden zu erzählen. Vom üblichen Weg junger Menschen aus dem Waldviertel Mitte bis Ende der 70er, die scharenweise nach Wien zogen, um dort zu arbeiten. Nicht anders war das bei Monika Hag. Eigentlich wollte sie Krankenschwester werden, war aber mit 15 zu jung für den Einstieg in die Schwesternschule. Also begann sie in Wien die Ausbildung zur Familienhelferin. Im Praktikum, das sie zu absolvieren hatte, wurde man erstmals auf ihr organisatorisches Talent aufmerksam, wenn es darum geht, eine größere Gästeschar zu bewirten. Mit knapp 16 Jahren hatte sie für eine honorige Runde, der unter anderem Julius Meinl senior angehörte, Faschierte Laibchen mit Erdäpfelpüree gekocht, weil sie meinte „was die vom Partyservice dafür verlangen, das können wir selbst besser und günstiger.“ Worauf die Dame des Hauses damals zu ihr meinte: „Madl, du gehörst nicht ins Spital, du gehörst in die Hotellerie!“ Und so kam sie über Umwege schließlich 1978 tatsächlich in ein Hotel nahe der Mariahilferstraße, befand am ersten Arbeitstag „da werd ich nicht alt!“, stieg am Abend desselben Tages – es war Freitag, der 1. September 1978 – in den Zug Richtung Waldviertel und lernte ›ihn‹ kennen – den Josef.

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Schuld war die Franz-Josefs-Bahn

Der junge Mann war ebenfalls Waldviertler und auch auf dem Heimweg – in Richtung Zwettl. Die zwei sind nicht nur bis heute zusammengeblieben, sondern auch noch eine ganze Weile in Wien. Beide in wirklich guten Jobs, mit einer schönen Wohnung im 18. Gemeindebezirk in Wien, mit ihrer Tochter (heute 31). Monika Hag arbeitete sich ganz hinauf bis zur Direktionsassistentin des Hotels, wechselte 1985 in ein Reisebüro und organisierte dort VIP-Reisen für Formel I-Größen wie Nigel Mansell und Nelson Piquet. Josef Hag arbeitete als gelernter Elektriker bei den Wiener Linien, wo seine Domäne die Linienzugsbeinflussung war. Wenn er von dieser Zeit erzählt, leuchten seine Augen noch heute.
Und wie und warum kommt man dann wieder zurück ins Waldviertel? „Ich hab‘ mich immer schon für Unternehmensführung interessiert. Was machen Unternehmen, die gut sind, anders als Unternehmen, die nicht gut sind. Das wollte ich wissen. Ich hab dazu ganz viel gelesen. Aber – es ist was anderes, darüber zu lesen oder etwas selber zu machen“, erzählt Josef.

Man sollte wirklich immer prüfen, ob auch tatsächlich Wasser im Schwimmbecken ist…

Das Fachwissen von Monika, die Neugier von Josef und die Sehnsucht der beiden, irgendwann zurück ins Waldviertel zu gehen, waren dann ausschlaggebend dafür, dass sie ihn wagten – den Sprung ins kalte Wasser. Und so hat es sich für beide auch wirklich angefühlt: „Wie ein Sprung ins Schwimmbecken und kurz vor dem Aufschlag überlegt man sich, ob eh genug Wasser drinnen ist!“

1992 war das und man begann in Gmünd, in der neuen Passage mit einem Bierlokal – dem Hopferl Nummer eins. Gab es einen Plan B? „Wir sind beide in unseren Jobs geblieben!“ Müsste ja gut gehen, im Waldviertel, ein Bierlokal, oder? „Ja schon – zumindest denken das die Wiener!“, lachen beide. „Was man aber wirklich können muss im Waldviertel, ist kochen!“ So begannen sie, Tagesmenüs zu kochen, Schnitzel- und Knödeltage einzuführen. Dann kam das dritte Betriebsjahr und Monika wurde mit Sohn Florian schwanger! „Das war ein Segen, nicht nur für uns als Familie, sondern auch fürs G‘schäft!“ Es erübrigt sich zu erwähnen, dass sich der Umstand, dass die Wirtin jetzt täglich vor Ort war, nicht nur positiv auf den Gästezustrom, sondern auch auf das Betriebsergebnis auswirkte.

Bald wurde das Lokal in der Passage zu klein, Unstimmigkeiten mit dem Besitzer der Passage taten ein Übriges. Ein Stammgast der ersten Stunde war es schließlich, der den beiden, die bereits geraume Zeit über einen neuen Standort und ein neues Konzept brüteten, den entscheidenden Hinweis gab: „Kauft‘s doch einfach mein Geschäft!“ Und mit den Erfahrungen aus 17 Jahren Vorlaufzeit, einem 26 Seiten starken Konzept, geschrieben von Monika und Josef Hag gemeinsam, nach neun Monaten intensiver Planung und nach nur 19 Wochen Bau wurde es dann am 9.9.2009 eröffnet, das Stadtwirtshaus der Gmünder, das ›Hopferl‹.

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Wirte gehen den Gästen an die Börse

Der Chef selbst war während der gesamten Bauphase täglich der Erste und der Letzte auf der Baustelle, Altes wurde behutsam ins Neue hinübergerettet, die Liebe zum Detail und viel Hintergrundwitz finden sich in jedem Winkel. Wo ist denn eigentlich der Stammtisch? „Wir haben ein Aufsichtsratsbankerl!“ Wie bitte? „Wirte gehen den Gästen an die Börse – jedes börsennotierte Unternehmen hat einen Aufsichtsrat – und hier sitzen eben unsere ›Aufsichtsräte‹.“

Während die beiden ihre Geschichte erzählen, läuft der Betrieb natürlich weiter. Eine Geburstagsfeier im Stüberl nähert sich dem Höhepunkt, der Enkelsohn fordert ebenso sein Recht auf Aufmerksamkeit wie die Mitarbeiterin, die noch die Reservierungen für das Wochenende durchgehen möchte. Mit großer Selbstverständlichkeit, Umsicht und einer gewaltigen Portion Humor arbeiten beide und ergänzen sich. Gibt es eine Rollenverteilung? Keine definierte, aber eine, die sich situativ ergibt jedenfalls. Und der Haustechniker ist klarerweise der Josef! „Ein Stadtwirtshaus zu managen ist eigentlich nichts anderes, als einen großen Haushalt zu führen“, meint Monika. Und 24 Stunden am Tag sieben Tage in der Woche und 52 Wochen im Jahr zusammen zu sein, wie ist denn das für die Beziehung? Sie lacht: „Wenn wir dann allein sind, können wir uns aufs Wesentliche konzentrieren!“ Er: „Ich denk‘ mir, bei uns ist das nicht anders als in anderen Beziehungen! Wir haben uns eben gefunden!“ So einfach ist das also.

Teamgeist, Ideen und Planung sind alles

Bleibt noch die Frage, ob Josef Hag das Geheimnis lüften konnte, das den Unterschied zwischen guter und weniger guter Unternehmensführung ausmacht. „In der Gastronomie sind es sicherlich zum größten Teil die Mitarbeiter! Wir sind ein Team, in dem jeder klar weiß, wo sein Platz ist! Ohne das Engagement unserer Mitarbeiter ginge vieles nicht!“ Und natürlich das eigene Engagement – 95-Stunden-Wochen sind normal, Ruhetag gibt es keinen. Ist Mitarbeiterfluktuation ein Thema? „Bei uns nicht, wir haben unser Stammpersonal seit gut 15 Jahren!“ Und bleibt Zeit für so etwas wie Urlaub? „Freilich, einmal im Jahr, eine gute Woche, da darf und kann alles sein, muss aber nicht!“

Die Ideen gehen den beiden ebenso wenig aus wie der Witz. „Wir schenken vorzugsweise Waldviertler Weine aus! Wachauer Weine, Weine aus dem Kamptal, Weine aus dem Kremstal. Und damit das Ganze auch gut in Szene gesetzt wird, gibt es so Veranstaltungen wie ›Running DAC‹, wo echte Models die Weine präsentieren, natürlich in Begleitung der passenden Schmankerl.“ Ein weiteres Credo: „Unsere Gäste müssen nichts essen und trinken, was wir nicht auch gerne essen und trinken!“ Selbstverständlich wird dabei auf Regionalität und Frische gesetzt. Und die Sperrstunde wird zumeist demokratisch vereinbart – zwischen den Gästen, den Mitarbeitern und den Wirtsleuten. Allem voraus geht aber eine umsichtige Planung und Kalkulation – denn „die Spanne ist in der Gastronomie und gerade im Waldviertel ›Millimeter-Arbeit‹.“

Miteinander sind wir stark

Das Stadtwirtshaus in zehn Jahren sehen die erfolgreichen Wirtsleute so: „Wirtschaftlich ein sehr gutes Auskommen und dass unser Stadtwirtshaus das bleibt, was es heute schon ist – ein Wohnzimmer für uns und unsere Gäste!“

Und was wünschen sich die beiden fürs Waldviertel und für Gmünd im Besonderen: „Die Umkehr der Negativspirale und die Weiterentwicklung der ›Marke Gmünd‹. Auch wir im Waldviertel müssen begreifen: Miteinander sind wir stark – wo wir sind, ist oben!“ Es ist ganz offensichtlich: Monika und Josef Hag haben es für sich gelüftet, das Geheimnis der Alchemie des persönlichen Glücks!

Aus der Wald4tlerin Sommer 2014 | Text: Monika Honeder | Fotos: Wald4tlerin, René Dippold
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