Andrea Fuchs – Lebe deinen Traum

Eine Geschichte von der Reise zu sich selbst. Eine geschichte von der Liebe.
von Traurigkeit und Freude. Und natürlich eine mit einem Happy End.

Wer Andrea Fuchs in Senftenberg bei Krems in ihrem nagelneuen Laden am Fluss besucht, betritt nicht nur Kreativterrain pur, sondern wird garantiert innerhalb von wenigen Minuten mit einer Riesenportion Lebensfreude infiziert. Kaum vorstellbar, dass diese fröhliche Keramikkünstlerin mal üble Laune oder einen ›schlechten Tag‹ hat. Obendrein strahlt nicht nur sie selbst diese liebenswerte Stimmung aus, sondern auch nahezu jedes Detail des altehrwürdigen Häuschens, in dem Kunstwerkstatt und Laden seit kurzem beheimatet sind, verströmt Wohlfühlatmosphäre, der man sich beim besten Willen nicht entziehen kann. Und auch gar nicht will. Fast könnte man ein bisserl neidisch werden auf die vollkommen glückliche Ausstrahlung der zweifachen Mutter, die sich hier künstlerisch niedergelassen hat.

Und doch – Sie ahnen es wohl schon – war das nicht immer so. Wie viele Frauen gehörte auch Andrea Fuchs zu jenen, die das Wohl und die Zufriedenheit der anderen allem voran und sich selbst ganz nach hinten stellen. Schon während der Schulzeit war das so, als sie so gerne eine künstlerische Ausbildung gemacht hätte, dem Vater zuliebe jedoch einen ›ordentlichen Beruf‹ erlernte und dann lange Jahre eben als Zahntechnikerin arbeitete. Dabei hatte die Oma, beliebtes Feriendomizil für alle Kinder der großen Familie, viel Freude und Energie darauf verwendet, die Jungen einen erdigen und naturverbundenen, dennoch stets künstlerischen Blick auf die Welt zu lehren. Da wurde in Wald und Wiese gesammelt und gesucht und die Schätze anschließend in kreative Kunstwerke verwandelt. „Noch heute liebe ich es deshalb mit natürlichen Materialien zu arbeiten,“ erinnert sie sich an diese prägenden Kindertage zurück.

Trotz des technischen Berufs waren Malerei und Kreativität stets wichtiger Teil im Leben von Andrea Fuchs. Im Alter von 18 Jahren wurden ihre Gemälde erstmals öffentlich ausgestellt, ein Senftenberger Gastwirt lud zur Vernissage, die großen Anklang fand. Doch neben dem Brotberuf und der Familie blieb nur wenig Zeit für künstlerische Aktivitäten, wenngleich sie auch ihre Töchter stets in deren Kreativität förderte und mit ihnen gemeinsam malte, formte und bastelte. Aber wenn das Herz für etwas so leidenschaftlich schlägt, ist ein wenig Zeit dafür eben einfach wenig.

WIE MAN IN DEN WALD RUFT …

Wer für andere da ist und seine Freunde pflegt, darf sich in Härtezeiten über viel Zuspruch und Unterstützung freuen. Das erfuhr auch Andrea Fuchs nach ihrer partnerschaftlichen Trennung. Und so waren die Freunde nicht nur für sie da, sondern organisierten schon bald ein Date mit dem ebenfalls frisch getrennten Adi. „Mit dem festen Vorsatz nur einen netten Abend zu verbringen und mich keinesfalls zu verlieben, hat es irgendwie nicht so gut geklappt“, kichert Andrea Fuchs fröhlich und hat auch wirklich allen Grund dazu. Denn es hat nicht nur gleich blitzartig gefunkt zwischen den beiden, sodass sie kurze Zeit später eine große Patchworkfamilie gründeten und zusammenzogen, sondern Adi erwies sich Jahre später als rettender Engel in Person. „Plötzlich wurde damals aus meinem ruhigen Leben mit meinen beiden Mädels ein turbulenter Alltag mit sechs Kindern“, erzählt sie grinsend und sichtlich glücklich. „Das klappt wunderbar und wir vertragen uns alle prima!“

Das Leben schien es richtig gut zu meinen mit den beiden, als Andreas Mutter unerwartet schwer erkrankte. „Plötzlich blieb kein Stein mehr auf dem anderen“, erinnert sie sich wehmütig zurück. Neben der großen Familie und dem Job beim Zahnarzt kam nun auch die große Sorge um die Mutter hinzu, deren Gesundheitszustand sich rapide verschlechterte. „Wir mussten uns schweren Herzens dazu entschließen, meine Mama in ein Pflegeheim zu bringen, wo sie kurz darauf verstarb.“ Andrea fand sich in einer Situation, in der Frauen eigentlich Zeit brauchen, um einen solchen Schock zu verarbeiten. Doch das Schicksal hatte andere Pläne. Auch der Vater erkrankte kurz darauf, um den sie sich nun gemeinsam mit ihrer Schwester bis zu seinem Tod kümmerte. Innerhalb eines Jahres verlor Andrea Fuchs beide Elternteile und als es dann auch in Adolfs Familie zu einem Todesfall eines nahen Angehörigen kam, war das Fass längst übergelaufen.

„Es ging mir wirklich sehr schlecht – völliges Burn-out! Meine Ärztin war in großer Sorge und verordnete eine mehrwöchige Reha-Auszeit. Adi machte das auch tatsächlich möglich und kümmerte sich zwischenzeitlich rührend um die Familie.“ In diesen Wochen ging es zwar langsam wieder bergauf mit der Künstlerin, die jedoch in Gesprächen mit der Therapeutin erkennen musste, dass sie sich all die vergangenen Jahre einfach zu sehr verausgabt hatte und viel zu wenig auf ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse geachtet hatte. Auf einer solchen Sparflamme kann man sich zwar einrichten, kommen aber dann zu den täglichen kleinen Alltagsdingen noch unvorhergesehene Schicksalsschläge hinzu, gibt es oft keine ausreichenden Ressourcen mehr, um diese schweren Zeiten zu überstehen. „Ich musste darüber nachdenken, wie ich mein Leben verändern konnte. Auf eine Art, dass es nicht nur allen anderen, sondern auch mir selbst gut geht.“

Aufgrund des langen Krankenstands verlor Andrea Fuchs ihren langjährigen Job als Zahntechnikerin und fand sich plötzlich in einer doppelt belastenden Situation wieder. „Arbeitslosigkeit war für mich überhaupt kein Thema“, winkt sie gleich ab, gleichzeitig hatte sie jedoch Angst davor, in einem ähnlichen Job wieder in eine Tretmühle zu gelangen, die keine Zeit für sie selbst übrig ließ. Mitten in dieses Gedankenkarussel kam Adi Fuchs als Retter in der Not. „Bei einem seiner Besuche fragte er mich, was ich davon hielte, wenn er mir eine Werkstatt einrichten würde, in der ich arbeiten und einen kleinen Laden betreiben könnte, um meine Werke auch auszustellen und zu verkaufen. Ich war gleichzeitig glückselig und vollkommen überrascht.“ Doch Adi hatte bereits ein passendes Objekt in Senftenberg im Visier und wartete nur noch auf den Startschuss von Andrea. „Natürlich sagte ich überglücklich zu, wo ich doch gerade in den vergangenen Wochen erkannt hatte, wie wichtig es für mich ist, meiner Kreativität den nötigen Raum zu geben“, strahlt die Waldviertlerin noch heute über diese phantastische Idee.

DER LADEN AM FLUSS

An überaus passender Adresse – im Winkel, nahe der Krems – begannen nun eifrige Renovierungs- und Umbauarbeiten. Mit unglaublich viel Liebe und Hingabe wurde das alte Haus auffrisiert, ohne sein liebenswürdiges Ambiente zu zerstören. Hier gibt es nun nicht nur Platz für die eigene Kunstwerkstatt und den Verkaufsladen, sondern auch reichlich Raum für Begegnungen. „Ich habe in der Zeit, als es mir nicht gut ging, keinen Hehl draus gemacht und viel Unterstützung erfahren. Jetzt möchte ich gerne etwas davon weitergeben. Und wenn mich heute eine Freundin in meiner Werkstatt besucht und sich einfach ein wenig zu mir setzt, während ich töpfere oder male, spüre ich, wie gut sie sich in dieser friedlichen, künstlerischen Atmosphäre entspannt. Da wird oft gar nicht viel geredet, sie sehen mir einfach bei der Arbeit zu und es ist ein bisschen so, als wären sie selbst dabei kreativ. Das entspannt ungemein“, freut sich Andrea Fuchs, ein wenig Wohlfühlatmosphäre zu vermitteln, die auch anderen Menschen gut tut.

Der Bereich Keramik, der nun neben der Malerei und anderen Liebenswürdigkeiten hier die Regale füllt, hat sich erst jüngst ergeben und ist sozusagen ein Nebenprodukt der Patchwork-Familie. „Wir waren auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung für die Kinder. Da dachte ich mir, wir könnten doch ein wenig töpfern“, grinst Andrea Fuchs, während sie für uns die verstauten Weihnachtsmänner auspackt. „Daraus hat sich dann auch für mich eine neue Leidenschaft entwickelt.“ Begonnen hat diese übrigens mit dem Steinbach-Vogel, einem langschnabeligen Gefährten mit phantasievollem Gefieder. „Und weil er bei uns in Steinbach zum Leben erwachte, hat er auch einen Namen bekommen.“ Den vielfärbigen, ganz unterschiedlichen, in ihrer Charakteristik jedoch immer sehr ähnlichen Steinbachvögeln folgten die zierlichen Mädchen und Weihnachtsmänner, die sich rasch großer Beliebtheit erfreuten und zu einer Art Markenzeichen der Künstlerin avancierten.

Der zweite Bereich im Laden am Fluss ist zwar schon hübsch eingerichtet, doch ganz klar ist sich das Paar noch nicht darüber, was sich hier entwickeln darf. „Das ist Adis Bereich und der darf noch ein bisschen wachsen. Es wird einen Kräuterstammtisch geben, das ist schon fix, und wir möchten Raum für schöne Begegnungen schaffen. Doch was genau hier sein wird, darauf sind wir selbst gespannt.“ Im ersten Anlauf jedenfalls zeigt sich schon, dass das kleine Häuschen mit seinem entzückenden Charme in der Nachbarschaft und im Freundeskreis gut ankommt. Es ist ein Wohlfühl-Ort, der einen mit seiner besonderen Atmosphäre umfängt, an dem man verweilen mag, noch ein bisschen …

Freuen darf man sich jedenfalls schon heute auf die Vorweihnachtszeit, denn bis dahin wird der Laden am Fluss auch seinen letzten Feinschliff erhalten haben. Dann wird die traditionelle Adventausstellung, die man im Hause Fuchs jedes Jahr organisiert, nämlich zum ›Advent im Winkel‹ werden und ausgewählte Kunsthandwerker gesellen sich am 21. und 22. November zu den Arbeiten von Andrea Fuchs. Ein Termin, den es sich zwischen all dem kommerziellen Tand der Vorweihnachtszeit vorzumerken lohnt.

Vielleicht auch ein wenig deshalb, weil es einfach Freude macht, Fuchs & Fuchs zu besuchen, ein wenig von der Liebe, die hier durch die alten Gemäuer weht, zu erhaschen und sich dabei vielleicht auch jene Ermutigung zu holen, zu tun, wonach das Herz begehrt, im Alltag nicht zu oft auf sich selbst zu vergessen und die eigenen Bedürfnisse wichtig zu nehmen. Damit die Freude daran für ausreichend Ressourcen sorgt für jene Zeiten, in denen nicht alles so glatt läuft wie heute.

von Lilly Dippold aus der Herbstausgabe 2015

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