Weil ich hier meine Zukunft habe …

Hört oder liest man vom ländlichen Bevölkerungsrückgang, so wird beinahe jedes Mal das Waldviertel als Beispiel für Abwanderung herangezogen. Würde man all den Prognosen glauben, sollte man meinen, im Waldviertel gäbe es kaum noch junge Menschen. Stellvertretend für eine ganze Generation stellen wir vier junge Waldviertlerinnen vor, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie alle genossen ihre Ausbildung im Waldviertel und stellen die Vielseitigkeit der Berufsmöglichkeiten in der Region unter Beweis. Auf unserer Reise durchquerten wir beinahe alle Bezirke und bekamen vom Pferdehof, bis hin zum eigenen Schuhzimmer vieles zu sehen.

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Sonja: Ich bin eine Waldviertlerin durch und durch

Sonja, 29, Geschäftsführerin
Als Bilderbuchkarriere könnte man den beruflichen Werdegang von Sonja bezeichnen. Obwohl sie ursprünglich Krankenschwester werden wollte, entschied sie sich für eine Lehre als Bürokauffrau im Betrieb ›Waldviertler Schuhe‹. Sonja erzählt, dass es damals, im Jahr 1999, nur zwei Computer im ganzen Unternehmen gab – kaum vorstellbar, wo der Betrieb heute 130 Personen beschäftigt (wovon 60 Prozent weibliche Mitarbeiter sind). Bereits ein Jahr nach Beendigung ihrer Ausbildung, im Alter von 20 Jahren, ernannte sie der Inhaber des Betriebes zu einer der drei GeschäftsführerInnen mit vielfältiger Aufgabenstellung.

Einen klassischen Arbeitstag kann man sich bei der 29-Jährigen also kunterbunt vorstellen: Neben der Planung und Organisation von Events, entscheidet sie, wer den Job in der Produktion bekommen soll und ganz nebenbei tüftelt sie an einer neuen Farbkombination für die Herbstkollektion. Lächelnd meint sie: „Ich nenne meinen Job oft ›Feuerwehr spielen‹ – ich bin immer da, wo es brennt“. Eine Aussage, die wohl wirklich zutrifft: So erzählt sie bei unserem Besuch auch, dass sie sogar schon beim Dachdecken geholfen hat, weil gerade dort Not am ›Mann‹ war. Sonja liebt ihren Job nicht nur, weil jeder Tag anders beginnt, sondern auch, weil das gesamte Unternehmen für sie wie eine Familie geworden ist. Auf die Frage, was sie in ihrer Freizeit unternimmt, antwortet sie: „Ich bleibe am Abend noch oft in der Firma – dort fühle ich mich wohl“. Es gibt keine konkrete Trennung zwischen Job und Privatem, was in ihrem Fall aber nicht unangenehm zu sein scheint. Außerdem haben sich die vielen Aufenthalte im Unternehmen für Sonja mehr als gelohnt, denn bei einer Firmenfeier funkte es zwischen ihr und ihrem jetzigen Freund Jürgen. Anfänglich wollte sie das nicht akzeptieren, denn eine Beziehung mit einem Kollegen kam für sie bis dahin nicht in Frage. Vorab hatte Sonja Schwierigkeiten, den Richtigen zu finden – die meisten hatten ein Problem mit ihrer Führungsposition. Umso besser also, dass sie in Jürgen den Mann fürs Leben gefunden hat, mit dem sie plant, einen alten Waldviertler Hof zu renovieren.

Warum sie ausgerechnet im Waldviertel bleiben möchte, weiß sie genau: „Ich mag es, zu wissen, wo Brot und Milch herkommen“. Sich selbst bezeichnet sie als Waldviertlerin durch und durch, weshalb sie es nie in Erwägung ziehen würde, in eine größere Stadt zu übersiedeln. Zum Glück ist sie damit nicht alleine, denn auch der Großteil ihrer Freunde will bleiben. Trotzdem meint sie, dass einige aus ihrem Umfeld, vor allem Frauen, in die Stadt ziehen. Sie würden eher dem Reiz der Stadt erliegen, dem Reiz, von allem ein bisschen mehr haben zu können.

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Marlies lebt mit ihrem Reiterhof ihre Berufung

Marlies, 25, Pferdewirtin
Marlies wusste schon immer, in welchem Bereich sie tätig sein wollte. Wie es der Traum vieler junger Mädchen ist, wünschte auch sie sich nichts sehnlicher, als einen eigenen Pferdehof. Im Gegensatz zu den meisten anderen aber erlosch der Traum nicht mit der Zeit. Nach Abschluss der Landwirtschaftlichen Schule mit Schwerpunkt Pferdewirtschaft und einem einjährigen Berufspraktikum, wurde ihr Traum von der Selbstständigkeit wahr. Weil ihr mit 19 Jahren die finanziellen Mittel für den Bau von Stallungen und einer Reithalle fehlten, wurde sie von ihrer Familie großzügig unterstützt.

Bereits vor der Fertigstellung der Gebäude, waren die meisten Pferdestellplätze vergeben, sodass die junge Unternehmerin bald einen weiteren Stall anbauen musste. Insgesamt bewirtet Marlies 19 Pferde und kümmert sich außerdem liebevoll um vier eigene. Neben der Pferdeeinstellung verdient sie ihr Geld mit Reitunterricht. Als wir zusammen die Stallungen des ›Kleinzwettler Pferdehofs‹ betreten, ist sofort ein Funkeln in ihren Augen zu erkennen – die Liebe und Leidenschaft für Pferde wird noch offensichtlicher, als zuvor in ihren Erzählungen. Stolz zeigt sie ihr erstes Pferd ›Melody‹, welches sie bereits seit ihrem fünften Lebensjahr besitzt. Mit der Schimmelstute verbindet sie etwas ganz Besonderes: Gemeinsam mit ihr ritt sie ihre ersten Dressurturniere. Diese sind neben dem Besuch von Pferdemessen und dem täglichen Ausreiten ihr großes Hobby. Insgesamt nimmt Marlies an rund fünf Turnieren im Jahr teil, dabei immer unterstützend an ihrer Seite: ihr Freund.

Genauso wie ihre Pferde benötigt sie: viel Auslauf! Den findet sie genau hier im Waldviertel, sodass ein Wegziehen für sie undenkbar wäre. Das Leben der 25-Jährigen dreht sich ganz deutlich um ein und dieselbe Sache und sie selbst bezeichnet ihre Arbeit nicht als Beruf, sondern sie weiß, es handelt sich dabei um eine Berufung.

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Cordula: findet hier Unbeschwertheit und Sicherheit

Cordula, 24, Grafikerin und Jungmutter
Seit einem Jahr ist die 24-jährige Cordula glückliche Mutter. Ihre Tochter Felina kam im letzten Sommer zur Welt. Die Kleine war ein Wunschkind und ist das i-Tüpfelchen der jungen Familie.

Cordula lebt das aus, was sich viele wünschen: Eine Kombination aus Muttersein und Beruf. In erster Linie ist sie für ihre Tochter da, aber ihr Beruf ermöglicht es ihr, beides unter einen Hut zu bringen. Als Grafikerin begann sie vor drei Jahren im Unternehmen ihres Onkels. Heute ist sie zwar in Karenz, übernimmt aber weiterhin größere Projekte und arbeitet dabei viel von zu Hause aus. Aber damit nicht genug, nutzt sie die berufliche Pause, um die Matura nachzuholen. Vollständig möchte Cordula in einem Jahr in den Familienbetrieb ›Grazer + Co‹ zurückkehren, um sich dort ihrem früheren Aufgabenbereich zu widmen.

Cordula selbst wuchs in Wien auf und nennt genau dies als Grund, weshalb sie keinesfalls in die Großstadt zurück will. „Die Kinder dort wussten nicht mal, wie sich das Fell einer Kuh anfühlt – das will ich nicht für Felina“. Sie genießt die Unbeschwertheit, die Sicherheit und vor allem die Menschlichkeit im Waldviertel. Sie mag die regionalen Läden und die kleinen alltäglichen Gesten, wie etwa, dass ihre Nachbarin in ihrer Abwesenheit ihre Katze füttert. Dinge, die sie in der hektischen Großstadt vermisst. Auch was ihre kleine Tochter betrifft, fehlt es ihr im Waldviertel an kaum etwas. Es gibt Schwangerschaftstreffen, Nachmittagsbetreuung und Mütterrunden. Was sie besonders liebt, ist der monatliche Kinderkleiderbazar ein paar Orte entfernt.

Was dem nahezu perfekten Leben der 24-Jährigen aber doch fehlt, sind viele ihrer Freunde. Sie meint, rund 90 Prozent davon wären in die Stadt verzogen, vor allem um dort studieren zu können oder weil sie dort leichter einen Job gefunden hätten. Cordula ist aber davon überzeugt, dass ein Großteil davon bald wieder in die Heimat zurückkehren wird.

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Julia: ist hier rundum zufrieden

Julia, 21, Bankkauffrau
Julia ist gerade 21 Jahre alt geworden. Für ihr Alter trägt sie beruflich schon eine große Verantwortung – als Bankkauffrau leitet sie in den kleinen Orten der Gemeinde Gmünd oftmals auch alleine eine Filiale. Sie liebt ihren Job und nennt ihn auch als einen der Hauptgründe, die sie im Waldviertel halten. Insgesamt gibt es im Betrieb 70 Angestellte – drei davon, Julia mit inbegriffen, sind junge Frauen. Sie selbst sieht es nicht als Selbstverständlichkeit an, einen Beruf ausüben zu können, der sie erfüllt und glücklich macht. Umso mehr hat sie sich gefreut, nach einem Jahr und 50 erfolglosen Bewerbungen ihren Traumjob bekommen zu haben. Ihre Freunde hatten dabei weniger Glück. Wie Julia  erzählt, sind alle ihrer weiblichen Freunde in Städte gezogen, weil sie im Waldviertel weder eine geeignete Arbeit, noch die Möglichkeit zum Studieren hatten.

Die 21-Jährige ist aber davon überzeugt, dass alle zurückkommen werden – die einen früher, die anderen später. Dafür nennt sie einen ganz plausiblen Grund: „Die meisten von uns wünschen sich später einmal eine Familie, darum wollen sie alle zurückkommen“. Geht es also um die Familiengründung und ums Sesshaftwerden, so kommt in den jungen Frauen die Heimatverbundenheit zum Vorschein.

Auch im Bezug auf die Partnerwahl scheinen die jungen Frauen einen Hang zur Heimat zu haben – nimmt man Julias Freundinnen heran, so sind fast alle davon an Waldviertler vergeben. Sie selbst hatte in dieser Hinsicht bislang leider weniger Glück und sucht noch nach dem Richtigen. Sieht man sich die 21-Jährige an, kann man das aber fast nicht glauben, denn Julia ist nicht nur beruflich erfolgreich, sondern hat auch in Sachen Mode, Fitness und Kreativität das richtige Händchen. Ihr großes Hobby ist die Malerei, welche sich mittlerweile auch zum kleinen Nebenverdienst gemausert hat. Dieser ist bei Julias zweitem großen Hobby auch unerlässlich: Die junge Waldviertlerin hat ein eigenes Schuhzimmer, in dem sich mehr als 100 Paar Pumps, Stiefel und Ballerinas wiederfinden.

Was die Abendgestaltung anbelangt, gibt es für Julia alleine im Bezirk Gmünd ausreichend viele Möglichkeiten: So verbringt sie ihre Wochenenden in der ›Minibar‹ oder genießt ein Abendessen im ›Hopferl‹. Aber natürlich sieht Julia nicht alles so rosig – ihr fehlt die Anonymität, die in einer Großstadt eher gegeben ist. Trotzdem ist sie überaus zufrieden mit ihrem Leben im Waldviertel und auch ihrer Zukunft und der ihrer Freundinnen sieht sie zuversichtlich entgegen: „Ich denke nicht, dass es in zehn Jahren weniger Jobs geben wird und wir alle nach Wien ziehen müssen.“ Für Julia scheinen alle Prognosen über Abwanderung im Waldviertel nicht der Realität zu entsprechen – ein Optimismus, der gut tut und Mut macht.

Vier junge Frauen aus vier verschiedenen Orten, mit vier verschiedenen Berufen – und doch verbindet sie ein gemeinsamer Wunsch: der Wunsch, ihr Leben im Waldviertel verbringen zu können. Sie alle beweisen, dass es sehr wohl möglich ist, am Land seine Träume zu verwirklichen – sei es die berufliche Karriere oder das oftmals als schwierig bezeichnete Nebeneinander von Beruf und Familie. Für die junge Generation ist es wichtig, mit etwas mehr Mut und Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Wie heißt es so schön? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

VON RHEA TEMPER | FOTOS: STEFANIE POLLMANN
Aus der Wald4tlerin Herbst 2012[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]

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