Da haben wir den Salat …

Ich gebe zu, dass ich bisher selten bei einem Besuch vom Gastgeber direkt am Auto abgeholt und begrüßt worden bin.

Besucht man Bernd Salat in seiner „Garage“ in St. Bernhard nahe Horn, dann passiert einem sowas und man fühlt sich auf Anhieb willkommen. Vermutlich macht er das, weil er von seinem Opa Franz viel über Werte gelernt hat. Zum Beispiel, dass es sich gehört, freundlich zu grüßen und dem Gegenüber in die Augen zu schauen.

Erzählt von Rhea Temper und Lilly Dippold

Im Leben von Bernd Salat spielen Opa Franz und Oma Auguste überhaupt eine große Rolle. Er ist überzeugt, dass ihn die beiden mit allem ausgestattet haben, was wichtig ist und ihm schon immer zugute kommt: Die Ruhe hat er vom Opa, die Kraft von der Oma. Weil es bei Bernds Mutter, einer einge“fleisch“ten Vegetarierin, kein Fleisch zu essen gab, bei der Oma aber sehr wohl.

Zurück zum eigentlichen Schauplatz – der Garage, die schon seit mehreren Jahren eigentlich keine mehr ist. Da taucht man schon beim Betreten in eine Welt voller Kaffeeduft und guter Musik ein, denn hier röstet Bernd Salat seinen eigenen Kaffee. Salatkaffee eben. Mit unheimlich viel Gespür – wie er es auch beim Kochen oder Musizieren hat – werden die hochwertigen Arabica-Bohnen aus Costa Rica, Honduras und Guatemala geröstet und liebevoll handverpackt.

Aber es wäre wohl nicht die Geschichte von Bernd Salat, hätte Opa Franz nicht auch hier seine Finger im Spiel gehabt: Gemeinsam mit seinem Enkel verwandelte er die Garage nämlich damals Schritt für Schritt in jenen Ort, der heute für Bernd Salat Freiheit bedeutet. Zusammen wurden Fliesen verlegt, Geräte installiert, Wände verputzt und gestrichen – immer gerade so viel, wie Zeit und Kraft da war. Heute ist das Herzstück der alten Garage ein beeindruckender Trommelröster. Das Kaffeerösten hat Bernd Salat allerdings nicht auf einem so professionellen Gerät gelernt. Und eigentlich beginnt die Geschichte der Waldviertler Kaffeerösterei auch gar nicht in der Garage, vielmehr ist sie das Ziel einer Reise.

Kaffee ist jetzt mein Baby

Viele Menschen gehen ihren Weg gerne geradeaus, ohne Umweg und Abzweigung. Nicht so Bernd Salat. Abzweigungen und eigenständige Entscheidungen brachten ihn schon früh und oft ganz unerwartet zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. Keine 18 Jahre hat es gedauert, bis er sich sehr intensiv mit der Frage nach dem Sinn des Lebens auseinandersetzte: „Vielleicht klingt das jetzt wie der Spruch auf einer Grußkarte, aber damals, mit 17, ist mir klar geworden, dass ich meine Zeit nicht länger mit Dingen verschwenden möchte, die mir eigentlich keinen Spaß machen. Die Schule hat für mich keinen Sinn mehr gehabt. Zum Glück habe ich eine Mutter an meiner Seite, die mir immer geraten hat, auf mein Bauchgefühl zu hören“.

Und das Bauchgefühl sagte ihm damals: Musik machen! Gesagt, getan – statt die Schulbank zu drücken, zupfte er fortan als Musiker auf Kremser Straßen die Saiten seiner Gitarre. Und Musik machen, das kann Bernd Salat genauso gut wie Kaffee rösten. Mit seiner Band „Beau“ spielte er später auf großen Bühnen vor tausenden Zuhörern und landete sogar in den heimischen Charts. Wichtig an der Musik waren ihm aber nie die Größe der Bühne oder des Publikums. Was zählte, war die Möglichkeit, sich in der Musik zu verwirklichen und zu verlieren. Auch wenn er Musiker ist und bleibt – sein Baby ist jetzt der Kaffee.

Wie zur Musik, führte auch zum Kaffee kein klassischer Weg: „Wenn du nichts gelernt hast, dann bleiben dir nicht so viele Möglichkeiten. Da ist zum einen der Bau und zum anderen die Gastro. Bei mir war es die Gastro, weil am Bau war ich schon und dahin wollte ich nie wieder zurück.“

So landet Bernd Salat mit 19 Jahren in Wien, wo er in einem hippen Lokal im 5. Bezirk kellnert und eine völlig neue Welt kennenlernt, in der er sein gutes Gespür für Lebensmittel und Kulinarik entdeckt. Einige Jahre später – Szenenwechsel in die „Labstelle“, wo die Liaison zwischen Salat und Kaffee dann ihren Anfang nimmt.

Irgendwann kommt die Situation, wo man in Frage stellt, was man tut. Das ist bei mir wahnsinnig früh gekommen und daraus resultiert heute alles.

Salat und Kaffee: die große Liebe 

Hochwertige Lebensmittel interessieren Bernd Salat. Und ganz besonders, wie sie hergestellt werden. Und weil er eines Tages beschlossen hatte, keinen Supermarkt-Kaffee mehr zu trinken, baute er sich einfach seinen eigenen Kaffeeröster. Konkret handelte es sich dabei um einen umfunktionierten Brotbackautomaten, der später zum Sprungbrett in die Selbstständigkeit werden sollte. Vorerst aber röstete Bernd Salat nur Kaffee für den eigenen Bedarf – große Mengen schaffte der alte Brotbackautomat sowieso nicht. Eines Tages nahm er seinen Kaffee mit in die „Labstelle“. Die Kollegen probierten ihn – und staunten. So wurde im Jahr 2013 die „Labstelle“ zum ersten Abnehmer von Salatkaffee.

„Jetzt hatte ich zwar einen ersten Kunden, aber keine Röstmaschine. Also habe ich beim Greißler Beyer in Stein, bei dem ich immer meinen Grünkaffee gekauft habe, angeklopft und gefragt, ob ich vielleicht bei ihm rösten dürfte.“ Nach längerem Überlegen antwortete der Herr Beyer trocken: „Dann kommen’s halt am Montag.“ Bernd nahm ihn beim Wort und röstete von da an jeden Montag in Stein. In diesen dreieinhalb Jahren lernte er unheimlich viel von Emmerich Beyer, der die Geheimnisse des Kaffeeröstens schon seit Jahrzehnten kannte und überdies Wert auf einen gepflegten Umgang legte: „Ich war der Herr Bernd und er war der Herr Beyer. Und so blieb das auch bis zu seinem Pensionsantritt mit 86 Jahren.“

Mit dem Pensionsantritt des Herrn Beyer, so dachte Bernd Salat, wäre auch sein Abenteuer zu Ende. Und dann kam, wie so oft, doch alles ganz anders.
Völlig unerwartet bot ihm eine Bekannte einen Trommelröster zum Kauf an. Bernd Salat schlug zu und wusste kurz darauf an einem warmen Juni Morgen, wo er von nun an seinen Salatkaffee rösten wollte. Nämlich zuhause im Waldviertel, in seiner Garage.

Es gab keinen Businessplan, ich habe mir keine Gedanken gemacht, wie viel ich einnehmen muss. Ich röste gerne Kaffee und wusste, es gibt Leute, die ihn trinken wollen.

Bernd Salat hat nie einen Businessplan für seine Kaffeerösterei geschrieben. Er macht es ganz einfach, weil es ihm Spaß macht. Weil die Dinge nun mal so kommen, wie sie kommen und weil Kaffeerösten ganz ähnlich für ihn ist, wie Musik zu machen. So authentisch wie Bernd Salat ist, schmeckt auch sein Kaffee. Man erkennt darin die Weisheit von Herrn Beyer, vor allem aber die Ruhe von Opa Franz und die Kraft von Oma Auguste. Eine Hommage an seine Großeltern ist deshalb die kleine Feder, die jede Packung Salatkaffee ziert. Federn schenkten ihm seine Großeltern früher, als er noch klein war. Ganz offensichtlich haben sie ihm damit Flügel verliehen.

Wald4tlerin: Ausgabe 02/18

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