Christian Bauer: unser täglich Brot

Während die meisten Menschen schlafen, herrscht in der Backstube von Christian Bauer rege Betriebsamkeit. werden Teige auf perfekte Konsistenz, Reifegrad und Porung vorbereitet. Maschinen sind hier nur Helfer, die dem erfahrenen Bäcker zuarbeiten und nicht wie anderswo längst das Kommando übernommen haben. darin liegt die ganze Philosophie dieses Handwerkers.

Was gibt es Schöneres, als seinen Morgenkaffee in einer kleinen, aber feinen Bäckerei einzunehmen, die erfüllt vom Duft der Arbeit des Meisters seine Kunden zur Einkehr verführt? Und sitzt man erst einmal mit einer knackreschen Kaisersemmel samt Butter und Marmelade auf dem Teller vor dem Schöpfer dieser Gaumenfreude, will man sich mit der Äußerung von Superlativen gar nicht mehr einkriegen. Für viele mag das morgendliche Gebäck am Frühstückstisch keine Bemerkung wert sein. Dann waren er oder sie aber noch nie Kunde in diesem Hause. Doch der Reihe nach.

Der Werdegang von Christian Bauer begann, nach der schulischen Ausbildung, ganz im Sinne der Familientradition bei der Bäckerei Döller in Gmünd, wo er seine Lehre als Bäcker und Konditor erfolgreich abschloss. Nach dem Präsenzdienst beim Bundesheer stieg der heute 40-Jährige 1995 in den elterlichen Betrieb ein, machte drei Jahre später die Meisterprüfung und übernahm 2006 gemeinsam mit seiner Frau Silvia die Geschicke des Hauses. Durchaus mit Stolz blickt der Handwerker auf eine erstaunlich lange Betriebsgeschichte in familiärer Hand zurück. „Im Jahr 1870 wurde die Bäckerei von Josef Bauer gegründet, der wie seine nächsten Nachfolger auch eine Landwirtschaft betrieb. 1910 übergab er an Sohn Leopold und 1936 übernahm mein Großvater Franz die Firmenleitung. Er starb leider sehr früh und so führten mein Vater Siegfried und meine Tante Gertrude gemeinsam die Geschäfte bis 1975 weiter. Dann übernahm Papa alleine die Verantwortung, die er im Jahr 2006 an mich weitergab.“ Ein Traditionsbetrieb in fünfter Generation, wie man unschwer nachrechnen kann.

In Anbetracht einer derart langen Vergangenheit gab es im Betrieb selbstredend auch immer wieder personelle oder bauliche Erneuerungen. So wurde, neben unzähligen infrastrukturellen Veränderungen, vor etwa 30 Jahren bereits ein Kleincafé im Verkaufsraum installiert. Damit war auch der Startschuss für das Angebot einer breiteren Angebotspalette gefallen. „Früher hat es, um es überspitzt zu formulieren, bloß Brot und Semmeln gegeben. Danach wurde das Sortiment sukzessive erweitert.“

Und so findet sich heute ein Produktportfolio im Hause Bauer, dass keinen Vergleich mit größeren Unternehmen scheuen muss. Was die häuslichen Einrichtungen betrifft, haben die Maßnahmen von Christian Bauer in diesem Bereich absoluten Vorzeigecharakter. „Wir machen praktisch jedes Jahr eine Erneuerung. Direkt nach der Betriebsübernahme haben wir einen separaten Kühlraum geschaffen, dann wurde eine Brotschneidemaschine angeschafft. Außen waren die Renovierung der Dächer und des Hofes wichtige Projekte. 2015 standen dann die behindertengerechten Sanitäranlagen für die Kunden und die Waschküche an. Heuer im Frühjahr wurde auch der komplette Verkaufsraum mit den Sitzgelegenheiten neu gestaltet.“ Man mag bei dieser Auflistung gar nicht mehr aus dem Staunen herauskommen, bedenkt man die finanziellen Mittel, die dafür wohl aufgewendet werden mussten. Doch der passionierte Bäcker wartet mit einer sehr überzeugenden Erklärung für seine Tätigkeiten auf. „Mein Café ist, was die Bestuhlung betrifft, zu klein, um deswegen laut Gesetz Toiletten anbieten zu müssen. Ich tue es aber trotzdem. Zum Wohle meiner Kunden und ihrer Zufriedenheit.“ Ein Blick in die neuen Toiletten würde wohl so manchem Wirten die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Aber kommen wir aufs Wesentliche zu sprechen. Von der Dinkelsemmel über das Gerstenweckerl bis zum Kornspitz bietet die Bäckerei Bauer jedem Anspruch eine Lösung. Im familiär geführten Betrieb werden Brotsorten wie Bauern-, Misch-, Nuss- oder Zwiebelbrot ebenso wie Korngebäck oder schlicht und einfach Weißgebäck wie Kaisersemmeln, Striezerl, Salzspitz und Sandwich angeboten. Auch Sonderanfertigungen werden nach Kundenwunsch getätigt und natürlich gibt es saisonale oder von Feiertagen bedingte Spezialitäten wie etwa Osterpinzen. „Wir backen auch ein derzeit stark im Trend liegendes Urgetreidebrot. Darin sind sechs verschiedene Kornarten aus unserer Region enthalten. Dieses Brot bleibt extrem lange saftig und angenehm genießbar.“ Um dem laufenden Verlangen der Kundschaft nach Neuerungen gerecht zu werden, bietet Christian Bauer sogar Kastenbrot mit Chia-Samen an. Ein Verfahren, das aus der Zeit der Azteken herrührt.

Abgesehen vom täglichen Brot gibt es eine ebenso reichhaltige Palette an Süßigkeiten, die der bodenständig-bescheidene Bäcker zum Reich seiner charmanten Ehefrau Silvia erklärt.
Und auch hier bleibt dem Betrachter kein Genuss erspart. Sensationell sind die Kokoskuppeln ebenso wie die Makronenkipferln oder die Punschkrapfen. Ein Biss in eine dieser Schöpfungen wird jeden Skeptiker überzeugen. Christian Bauer zählt das weitere Angebot in dieser Sparte mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen auf. „Topfengolatschen, Apfeltaschen, Nussrouladen, Schaumspitz, Topfengitter,…“ Hör auf, muss man dann irgendwann rufen, um sich nicht in unlauterer Absicht über die Ladentheke herzumachen. Das Portfolio im Konditorenbereich des Hauses umschließt auch individuell gestaltete Hochzeits- und Geburtstagstorten, Riesenschaumrollen und Kuchen aller Art, die ein paar Tage vorher telefonisch oder im Geschäft geordert werden können. Ein Blick auf die Internetseite www.bäckereibauer.at trägt sicherlich zur Entscheidungsfindung bei.

Irgendwann kommen wir dann auf sogenannte Convenience-Produkte zu sprechen, die es gut sichtbar in diesem Laden ebenfalls gibt. Kekse in der verschweißten Packung, Milchprodukte, Kaffee. Und das eine oder andere noch dazu. Das passt nicht unbedingt in die sonstige Optik des Hauses, bedient jedoch den Anspruch der Kundschaft. Überhaupt ist alles, was dieser kleine Handwerksbetrieb umsetzt, auf Zufriedenheit und Service ausgelegt.

350 Kilometer täglich fährt der Chef mit seinem Lieferwagen zu Kunden in und rund um Kirchberg am Walde. Bedenkt man die immer geringer werdende Zahl an Nahversorgern in kleineren Ortschaften, ist dieses Engagement von Christian Bauer gar nicht hoch genug zu bewerten. Vor allem in Hinblick auf ältere, nicht mobile und gebrechliche Personen.

Neben seiner üppigen Produktpalette, die tagtäglich über dem Ladentisch den Besitzer wechselt, bietet Christian Bauer auch Event-Food auf Bestellung an. Beispielsweise Riesenpartybrezn, die mit Schinken, Käse und Gemüse aller Art gefüllt werden. Je nach Wunsch des jeweiligen Kunden. Wurstspitze bestückt mit Frankfurter, Debreziner oder Käsekrainer stehen ebenso auf der Auftragsliste für eine sorglose Veranstaltung, wie Großpizzen im Backofenformat, die je nach Geschmack belegt und ausgeliefert werden. Gegen Order gibt es auch Jourgebäck, Sonntagsbrötchen oder das beliebte Zwiebelbrot, was ein echtes Markenzeichen dieses Betriebs darstellt.

Beim Gang durch die Backstube wird das zuvor Besprochene dann wirklich greifbar. Zumindest für einen Betrachter, der in der guten Qualität von Lebensmitteln ein ureigenes persönliches Interesse sieht. „Wir verwenden weitgehend Roggen- und Weizenmehl von der Mantlermühle, die seit Jahrzehnten unser Partner ist. Mohn und Kümmel kommen aus Friedersbach. Was das Korn betrifft, beliefert uns eine Firma aus Oberösterreich. Regionalität ist extrem wichtig für mich.“ Und so werden die ausgesuchten Produkte namhafter Lieferanten auch mit natürlichem Granderwasser in Form gebracht. In vollendeter Handarbeit, bei der die zur Verfügung stehenden Maschinen eine untergeordnete Rolle spielen.

Zum Mitbewerb findet Christian Bauer, der sich während dieses Interviews stets als Mensch des Ausgleichs präsentierte, durchaus diplomatische Worte. „Schlechtes Wetter ist gut für mich. Da bringe ich meine Ware bis zur Haustür. Ein Service, das Diskonter nicht anbieten können. Wenn‘s regnet, ist es also nicht zu meinem Nachteil.“ Geht es um die Qualität, wird der sonst eher zurückhaltende Handwerksmeister dann aber doch konkret. „Ich bin kein Aufbackbäcker. Wer auf gute Arbeit setzt, bei der das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, ist im Fachbetrieb an der richtigen Adresse. Massenware mit Einheitsgeschmack findet man anderswo.“

Mit demselben Gleichmut definiert Christian Bauer auch seine Berufsbeschreibung, die wohl nicht jedermanns Sache sein dürfte. „Mein Tag beginnt um ein Uhr nachts in der Backstube und geht bis zirka sechs Uhr früh. Dann beginnt das Fahrgeschäft. Wieder zurück, stehen bis Mittag Vor- und Nacharbeiten an. Je nach Jahreszeit und bevorstehenden Ereignissen ändert sich auch der Arbeitsablauf.“ Heißt im Klartext, dass der Feierabend flexibel ist.

Doch Christian Bauer ist nicht nur ein Familienvater, der einem Buben und einem Mädchen ein wundervoller Vater ist. Nein, er hat auch eine ausgeprägte Ader für soziales Engagement. Ferienbetreuung in der Backstube, Backen mit Erstkommunikanten und Events mit dem Kindergarten stehen regelmäßig auf dem Programm. Ein Fixpunkt im Jahreskalender der Bäckerei Bauer ist der Adventmarkt im festlich geschmückten Kirchberger Schlosshof. Dort werden am eigenen Stand neben dem üblichen Sortiment köstliche Lebkuchen und hausgemachte Weihnachtsbäckerei angeboten. Ein absoluter Geheimtipp ist da das äußerst delikate Makronengebäck. Ein Garant dafür, den einen oder anderen Millimeter Hüftgold anzusetzen.

Dass die Bäckerei Bauer ein reiner Familienbetrieb ist, schmeckt man nicht nur in den Erzeugnissen, man spürt es auch an der Herzlichkeit im Umgang mit dem Kunden. Dazu trägt Christians Mutter Elisabeth viel bei, die als gute Seele des Hauses immer gerne aushilft, wenn Not am Mann oder der Frau ist. Trotz der starken Beanspruchung durch den Beruf bleibt dem Bäckermeister dennoch Zeit für Hobbys und Familie. So ist der passionierte Kleingärtner ein wichtiges und sehr aktives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Abschließend kommt er dann nochmals, durchaus mit einem Augenzwinkern, auf die Anforderungen seines Gewerbes zu sprechen. „Ich habe kein Problem mit dem frühen Aufstehen, weil das längst in meinen ganz persönlichen Biorhythmus übergegangen ist. Ich bin sehr gerne Bäcker. Auch deshalb, weil es mich immer gereizt hat, etwas Handfestes zu schaffen. Der Tagesablauf wird natürlich vom Beruf bestimmt, aber ich befinde mich nicht in dessen Geiselhaft.“ Sprach es, stand auf und kam mit einem wundervoll geformten Kipferl an den Frühstückstisch zurück. Was für ein herrlicher Morgen!

erzählt von Michael Koller aus der Winterausgabe 2016

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